Du bekommst, was Du erwartest

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Diese Woche habe ich mal wieder praktische Abschluss-Prüfungen abgenommen. Sieben Prüflinge, die ihr Bestes gegeben haben – zwei davon Wiederholer. Und während dieser Prüfung ist mir wieder schlagartig bewußt geworden:
Wie gut ein Mensch sich entfalten und sein Können abrufen kann hängt nicht nur von seiner Kompetenz ab – sondern  auch vom Umfeld.
Es reicht eben nicht, dass ein Auto über einen PS starken Motor verfügt.
Es braucht auch einen Fahrer, der weiß, wie man diese PS am besten auf die Strasse bringt.
Ich glaube, dass alleine unsere Haltung und wie wir als Prüfer den Prüflingen gegenüber auftreten, massiven Einfluss auf das Prüfungsergebnis hat.
Und ich meine nicht, dass es darum geht, mittelmäßige oder schlechte Leistung zu beschönigen. Ich spreche davon, überhaupt erst mal eine wertschätzende Atmosphäre zu schaffen, in der die bestmögliche Leistung abgerufen werden kann.

Und das lässt sich meines Erachtens auch auf den Alltag übertragen.

Wenn wir immer wieder enttäuscht werden oder uns immer wieder in den selben Situationen wiederfinden, sollten wir uns Gedanken machen, welchen Anteil wir daran haben.
Ermöglichen wir unserem Gegenüber, sein bestes Ich zum Vorschein zu bringen?
Glauben wir an die Schönheit, beste Absichten und das Potential im anderen?
Oder suchen wir nur nach bestätigenden Beweisen für unsere  schon festgelegten Vorannahmen, Urteile und Überzeugungen in Bezug auf diese Person? („Ja, das habe ich mir gleich gedacht …“)
Sind wir offen dafür, dass uns diese Person (positiv) überraschen kann?
Geht es uns ums Rechthaben oder um Entfaltung?

Wir werden immer Beweise dafür finden, die bestätigen, wovon wir eh schon überzeugt sind. Das ist alleine schon deshalb so, weil wir gar nicht nach Gegenbeweisen suchen. Die Psychologie nennt das „Bestätigungsfehler“.

Wenn wir also etwas anderes bekommen wollen, fängt alles damit an, mal was anderes zu erwarten – oder besser noch, mal alle Erwartungen loszulassen und uns komplett auf den anderen oder die Situation einzulassen. Ihn/sie einfach so sein zu lassen, wir er/sie ist.

Eine schöne Geschichte hierzu ist übrigens die Metapher vom Wolf im Spiegelkabinett.

Unbekannte Welten befinden sich nicht am Ende von ausgetretenen Pfaden.

Bei welchen Menschen und Situationen sind Deine Vorannahmen schon wie „ausgetretene Pfade“?

Und bei oder mit wem möchtest Du gedanklich mal neue Wege gehen und sehen, wohin sie Dich und Euch führen?

Bleib neugierig und offen,

Deine Birgit