Ablenkungsmanöver

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„Die reinste Form des Wahnsinns ist, alles beim Alten zu belassen und zu hoffen, dass sich etwas ändert.“
Albert Einstein

Eines meiner Lieblingszitate.
Manchmal denken wir, mehr vom Selben (Nachdruck, Argumente …) könnte doch noch etwas verändern. Und lenken so den Blick bewusst weg von unserem Beitrag an der Situation – und der Möglichkeit, selbst etwas zu verändern.
Manchmal kommen wir nicht weiter, weil wir nicht hinschauen möchten.
Denn vom „Alten“ Abstand zu nehmen bedeutet ja auch, dass wir uns eingestehen müssen, das es nicht funktioniert hat. Und mit die damit verbundenen (unangenehmen) Gefühle zu anzunehmen.

Im Artikel „Emotion oder Intuition“ habe ich darüber geschrieben, dass unsere Emotionen und Gefühle wichtige Hinweise geben können, wenn wir uns ihrer bewusst sind und in Kontakt mit ihnen sind und wie das am besten funktionieren kann. Wichtig dabei ist allerdings, überhaupt in Kontakt mit seinen Gefühlen kommen zu wollen.
Manchmal scheuen wir diesen Kontakt, weil wir z.B. nicht wissen, wie wir mit ihnen umgehen sollen oder uns sogar überwältigt fühlen.
In gewisser Weise ist dies auch ein Schutzmechanismus, wenn wir tatsächlich mit einer Situation überfordert sind.
Wenn dieser Schutzmechanismus allerdings zum Normalzustand wird, kann es auf lange Sicht dazu führen, dass diffuse Beschwerden auftauchen (Schmerzen, Lustlosigkeit, schlechte Laune obwohl subjektiv alles in Ordnung ist) – denn die Gefühle sind nicht weg, sie sind nur woanders. Außerdem führt es dazu, dass wir in gewissen Situationen einfach nicht weiterkommen – es passiert immer das selbe, wir bleiben immer an der selben Stelle stecken. Und wir beginnen, den Frust nach innen zu richten oder ihm – meist in unangemessener Intensität – Luft zu verschaffen.

Dann ist es Zeit, mal hinzuschauen, ob Du vielleicht verdrängst oder vermeidest. Auflösen lässt sich das ganze, wenn Du beginnst, wahrzunehmen, zu benennen und zu akzeptieren, was in Dir vorgeht. Denn erst dann kannst Du beginnen, etwas zu ändern.

Ob Du ein Verdängungsspezialist bist, kannst Du an den folgenden beiden Strategien beurteilen, die wir nutzen, um uns nicht mit unseren Gefühle auseinander setzen zu müssen. Beide Strategien können in unterschiedlichen Gewändern auftauchen:

Ablenkung

Intellektualisieren: Sobald ein Gespräch mit Deinem Gegenüber unangenehm wird, beginnst Du zu Analysieren und zu Dozieren, warum der andere sich so verhält wie er sich verhält. Durch dieses Intellektualisieren = Versachlichen schaffst Du zum einen emotionalen Abstand, zum anderen bewirkt es einen Themenwechsel (vom ursprünglichen Thema hin zur Verhaltens- und Gesprächsanalyse.)

Schuldzuweisung: Du findest 1001 Gründe, was andere anders machen könnten und sollten, damit sich die Situation ändert. (Willkommen in der Opferrolle …).

Projizieren: Du beginnst, Deinem Gegenüber Verhaltensweisen und Emotionen zu unterstellen und vorzuwerfen, die Du eigentlich in und an Dir selbst wahrnimmst. Weil Du diese Verhaltensweisen aber für unehrenhaft hältst, willst Du sie Dir nicht eingestehen. (Was ich über andere sage, sagt immer viel mehr über mich aus als über die anderen …)

Medien: Statt Dich mit der Situation, Person oder Deinen Gefühlen auseinander zu setzen lenkst Du Dich mit Medien ab — Fernsehen, Handy, PC

Unternehmungen: Du eilst von einem Erlebnis zum nächsten – keine Pause = keine Zeit für unangenehme Gefühle.

Betäubung

Essen & Trinken: Du bekommst plötzlich Appetit auf Schokolade oder brauchst Alkohol, um „abzuschalten“. Der Zucker bewirkt, dass Dein Insulinspiegel steigt, was wiederum zur vermehrten Ausschüttung des Glückshormons Dopamin führt, während Alkohol im wahrsten Sinne des Wortes betäubt.

Süchte: Alles, was Du exzessiv betreibst, d.h. in übertriebenem Maße. Dass kann vom Sport über Rauchen bis hin zum Konsum aller Art reichen (auch Medienkonsum und Unternehmungen). Hierzu zählen auch unangenehme Angewohnheiten, wie z.B: Nägelkauen.

Schau doch diese Woche einmal genauer hin, ob Du eine der genannten Verhaltensweisen an Dir erkennst – und ob sie Deine Strategie ist, nicht fühlen zu müssen.

Und dann beginne, Deinen Gefühlen langsam Zeit und Raum zu geben.

Herzlichst,

Deine Birgit

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