Ein innerer Marktplatz voller Stimmen
Manche Menschen haben ein reges Innenleben. Auch wenn sie nicht viel sprechen, findet doch im inneren ein reger und kontinuierlicher Dialog statt. Ein Gedanke folgt dem anderen, es wird überlegt, abgewogen, geschlussfolgert … Manchmal geht das recht klar und strukturiert vonstatten, manchmal ist es wie ein koninuerliches Plappern vieler Stimmen im Hintergrund. Vielleicht kennst Du das?
Um mehr Klarheit zu erlangen, was einem da so alles „durch den Kopf geht“, ist Schreiben ein hervorragendes Mittel. Im Schreiben liegt ein besonderer Zauber. Wer beginnt, zu notieren, bekommt automatisch mehr Klarheit. Der Vorgang, die Gedanken einflach durch die Finger fließen zu lassen, sie zu ordnen und dann in die richtigen Worte zu fassen ist sehr wirkungsvoll. Er trägt zur Verarbeitung bei und kann dabei helfen, den Geist zu entlasten und zur Ruhe zu bringen. Etwas nieder zu schreiben ist wie Informationen auf der Festplatte zu speichern – es macht den Arbeitsspeicher wieder frei.
Schreiben – wirkungsvoll und rezeptfrei
Die positive Wirkung von Schreiben wird mittlerweile auch in der Psychologie und Psychotherapie eingesetzt. Die Wissenschaft hat sich mit allerlei Aspekten des Schreibens befasst, und zahlreiche Vorteile belegt, Hier nur ein paar:
Schreiben…
- Entlastet die Seele
- Vermindert Stress
- Verbessert das Erinnerungsvermögen
- Steigert die soziale Intelligenz
- Verbessert den Schlaf
- Macht glücklicher
Schreiben geht auf viele Arten
Welche Form des Schreibens Du wählst kommt ganz darauf an, wieviel Zeit zu investieren möchstest und was Du mit dem Schreiben bezwecken möchtest.
Die beliebtesten Formate sind:
Tagebuch:
Datierte Einträge in chronologischer Reihenfolge.
Zeitpunkt: meistens abends.
Zweck: Festhalten von Ereignissen und Erinnerungen.
Journal:
Dem Tagebuch sehr ähnlich. Datierte Einträge in chronologischer Reihenfolge. Häufig strukturierter durch Schlüsselfragen zur Selbstreflexion. Mehr „innere Arbeit“ als beim Tagebuch.
Zeitpunkt: meistens abends
Zweck: Festhalten von Gedanken, Eindrücken; Revue passieren lassen und Erkenntnisse notieren.
Morgenseiten (4000 Worte)
Manche meditieren morgens, andere schreiben. Bei den „Morgenseiten“ oder „Morning Pages“ handelt es sich um eine Art Schreibmeditation. Es wird einfach drauf los geschrieben. Die Gedanken des Moments und alles, was intuitiv seinen Weg aufs Papier finden möchte, wird festgehalten. Ohne Rücksicht auf Struktur, Logik, Zweck, Chronologie. Einfach fließen lassen. Traditionell werden Morgenseiten von Hand geschrieben und sollten drei DINA4 Seiten (ca. 4000 Wörter) umfassen.
Zeitpunkt: morgens
Zweck: Den Geist frei machen – häufig setzt das auch Kreativität frei. Durch das „Abfließen“ der ersten oberflächlichen Gedanken, die uns oft beschäftigt halten, findet nach ein paar Minuten manchmal auch etwas seinen Weg aufs Papier, das hinter den Alltagsgedanken versteckt war.
Der richtige Zeitpunkt
Den richtigen Zeitpunkt wählst Du am besten anhand des Zwecks. Sich morgens und/oder abends Zeit zu nehmen, bzw. diese bewußt einzuplanen, hat sich bewährt.
Solltest Du morgens schreiben, achte darauf, Dir dafür möglichst Zeit zu nehmen, bevor „der Tag über Dich kommt.“ Mach Dir in Ruhe einen Tee oder einen Kaffee, suche Dir einen Platz, an dem Du ungestört sein kannst und lege los.
Geistesblitze, Ideen oder Erkenntnisse, die Du über den Tag hinweg hast, kannst Du natürlich auch zwischendurch notieren – in Deinem Handy oder einem Notizbuch – und sie dann am Abend wieder aufgreifen.
Tools – wie notieren?
Von Hand zu schreiben ist ursprünglich, erfordert mehr Achtsamkeit und eine Verlangsamung des Schreibvorgangs. Dadurch wird bewusster verarbeitet.
Ich habe lange Zeit auch von Hand geschrieben und es geliebt, mir schöne Notizbücher dafür zu kaufen. Irgendwann haben sich diese dann zuhause gestapelt. Zur gleichen Zeit habe ich begonnen, beruflich viel auf Reisen zu sein. Die Optimierung meines Reisegepäcks hat mich dann dazu gebracht, auf elektronische Helferchen zurück zu greifen.
Für mein Tagebuch nutze ich die App Diaro – sie ist für Android und IOS verfügbar und läßt sich auch auf mehreren Geräten synchronisieren. Natürlich sind auch klassische Programme wie OneNote, Evernote oder Word geeignet.
Interessanter Nebeneffekt
Meist schreibe ich aus den oben genannten Gründen, d.h. wenn die Gedanken zu Papier gebracht wurden, ist der Zweck erfüllt. Nur selten lese ich die Einträge nochmals durch. Einzig am Jahresende werfe ich einen Blick auf die Einträge – um noch einmal Revue passieren zu lassen, was mich das Jahr über beschäftigt hat. Dabei lese ich eher die Überschriften und nur was mein Interesse weckt, wird nochmals näher betrachtet.
Das erneute Betrachten der Einträge hat einen netten Nebeneffekt; wenn Du die Notizen zu einem Ereignis mit Deinen Erinnerungen daran vergleichst, wirst Du vielleicht feststellen, dass diese Unterschiede aufweisen. Dieser Vergleich ermöglicht es Dir, mehr darüber zu lernen, wie Dein Erinnerungsvermögen funktioniert. Bei den meisten Menschen „verschönert“ die Erinnerung das Erlebte. Das ist auch ein ganz natürlicher und guter Mechanismus, der beim Verarbeiten hilft. Rückblickend ist vieles nicht mehr so schlimm, wie es im Moment erschien. Denk dran, wenn Du nächstes Mal denkst, alles sei ganz furchtbar 😉
Ausserdem stärkt dieser Rückblick unser Bewußtsein und unsere Dankbarkeit für alles, was wir erreicht und erlebt haben.
Und nun – frohes Schreiben,
Deine Birgit