Neugier – oder: fragen kostet nix

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Aktuell lese ich das Buch „Der Traum vom unangepassten Leben“ von Bernard Moestl. Darin schildert der Autor aus seinen über 30 Jahren Reiseerfahrung unterschiedliche Erlebnisse, die dazu anregen, sich über verschiedene Themen im Leben Gedanken zu machen.
Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir eine Geschichte, die er zum Thema Neugier geschildert hat.

Unterwegs in Thailand, setzte er sich mit im Supermarkt gekauften Lebensmitteln an der frischen Luft nieder, um diese zu essen. In der Gegend, in der er sich befand, war es wohl eine Seltenheit, „Europäer zu sichten“ – und so kamen nach und nach Menschen vorbei, die ihn erstaunt betrachteten. Darunter auch Mütter mit ihren Kindern. Eine ging gar und kam mit weiteren Kindern wieder, um ihnen den „Ausländer“ zu zeigen. Ein kleines Mädchen kam sogar auf ihn zu und stellte ihm eine Frage.
Und nun stell Dir diese Szene mal in unserem Land vor.
Undenkbar, oder?
Einfach auf jemand fremdes zugehen und was fragen, das „macht man nicht“.

Tatsächlich ist Neugier ein angeborener Instinkt. Anfangs noch so wichtig, um die Welt zu erkunden und alles zu lernen, wird uns die Neugier dann  im Laufe der Jahre förmlich aberzogen.
„Du kannst doch nicht einfach auf jemand zugehen und was fragen!“
Ja, warum eigentlich nicht?
Warum wird das als unhöflich und aufdringlich angesehen?
Kann ich nicht davon ausgehen, dass mein Gegenüber erwachsen genug ist, um eine Antwort zu verweigern – falls die Frage unangemessen war – oder um sich „zu wehren“?

Gerade in unserer westlichen Welt haben wir so viel von unserer kindlichen Neugier verloren – und ich fürchte, Handys & Co. verstärken noch den Effekt, dass man lieber Google fragt als die Person, die vor einem steht.

Eine respektvolle Wissbegierde und echtes Interesse am Gegenüber kann aber doch nichts Schlimmes sein?
Und spinnen wir die Idee mal weiter:
Ich sehe jemanden, der etwas an sich hat, was mich total neugierig macht – z.B. eine Kopfbedeckung oder eine Tracht, die mir unbekannt ist.
Variante 1 wäre nun, hinzugehen, und zu fragen.
Variante 2 – die „höfliche“ – wäre, Zurückhaltung zu üben und nicht zu fragen. Aber was passiert dann?

Wenn ich keine Antworten bekomme, stricke ich mir welche. Ich beginne, Vermutungen anzustellen und meine Neugier mit einer selbstgestrickten Geschichte über die Person zu befriedigen. Und was mit solchen Geschichten dann passiert – vor allem, wenn sie weitererzählt werden, wissen wir alle …
Ist es also wirklich höflicher, wenn ich vage oder inkorrekte Vermutungen anstelle, anstatt zu fragen?

Mir hat das zu denken gegeben und ich habe mir vorgenommen, öfter den Mut aufzubringen, direkt auf Menschen zuzugehen und mehr zu fragen.
Was gibt es schon zu verlieren?

In welchen Situationen und Begegnungen könntest Du vielleicht noch mutiger sein und mal direkt fragen?

Versuch’s mal und lass Dich überraschen.

Meist fällt nicht nur die Reaktion Deines Gegenübers anders aus als erwartet – oft erfährst Du auch Dinge, die Du nie vermutet hättest!
Und manchmal ist es der Start für wundervolle Begegnungen und Bekanntschaften.

Bleib neugierig!

Deine Birgit