Die Fliege am Fenster

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Ich liebe es, im Sommer die Fenster und Türen offen zu lassen. Frische Luft in der Wohnung, das Draußen ein bisschen nach drinnen holen.

Leider trifft das auch auf allerlei Getier zu, dass dann im Laufe des Tages durch meine Räume fliegt.
Als ich dann neulich einer Fliege in meiner Küche dabei zusah, wie sie beim Versuch, wieder nach draußen zu gelangen, immer und immer wieder am schräg gestellten Fenster abprallte, obwohl die Terrassentür direkt daneben weit offen stand, habe ich mich ertappt gefühlt.

Geht es uns nicht manchmal auch so?

Voller Überzeugung von etwas holen wir uns eine blutige Nase. Das muss doch klappen. Der muss mich doch verstehen. Das ging doch beim letzten Mal auch. Und anstatt innezuhalten, zu überlegen, zu lernen, zu hinterfragen machen wir gleich nochmal einen Anlauf. Vielleicht klappts ja, wenn wir nur kräftiger einschlagen? Oder öfter? Oder überzeugter?

Manche Fliegen schaffen es nicht.
Sie liegen dann am Morgen danach der Erschöpfung erlegen auf meinem Fensterbrett.
Es ist aber nicht so, dass alle Fliegen das selbe Schicksal erleiden.
Es gibt auch erfolgreiche.
Das sind meistens die, denen es gelingt, sich vom Fenster zu lösen und mal eine große Runde durch den Raum zu drehen. Oft fliegen sie direkt danach durch die offene Tür wieder nach draußen.

Vielleicht ist es Zufall.
Ich mag aber den Gedanken, dass es ihnen gelingt, weil sie es geschafft haben, ihren Blick zu weiten, sie Situation aus einer anderen Perspektive zu sehen und sich von ihrer Überzeugung zu lösen.

Wo holst Du Dir aufgrund von festsitzenden Überzeugungen noch regelmäßig eine blutige Nase? Läufst mit engem Blick immer wieder gegen die selbe Wand und übersiehst, dass die offene Tür nur einen Meter entfernt ist?

Lass uns schlauer sein als die Fliegen an unserem Fenster.

Eine perspektivreiche Woche Dir!

Deine Birgit

Schwellenangst

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Und plötzlich ist sie da, diese Enge, diese Beklommenheit. Von jetzt auf nachher. Du weißt gar nicht, wo sie herkommt. Mitten in einem wundervollen Erlebnis, eben noch total begeistert, voller positiver Energie, mit Leichtigkeit, Zuversicht und voll in Deiner Kraft zu neuen Ufern gestürmt – merkst Du plötzlich, dass Dich etwas bremst, merkst Du, wie Du verkrampfst.
Zweifel kommen auf.

Die Angst klopft an.

An dieser Stelle schnappen wir oft und gerne wieder zurück und denken „Ja, wenn es sich plötzlich so übel anfühlt, habe ich mich wohl getäuscht, dann ist das wohl doch nichts.“
Wir lassen die Angst ans Steuer und kehren brav zurück auf bekanntes Terrain, wie ein kleines Kind, das „zur Vernunft gebracht wurde“. „Ja stimmt, war eigentlich ne blöde Idee …“

Beispiele gibt es viele:

Du verstehst es nicht!…
Du wolltest diesen Job, die perfekte Möglichkeit, Dich weiterzuentwickeln – und eine super Passung für Deine Talente und Erfahrungen. Du hast im Bewerbungsprozess alles gegeben, überzeugt davon, dass Du es wuppst. Du hast ihn bekommen, den Job – und nun stehst Du vor Deinem ersten großen Projekt und bekommst weiche Knie, fühlst Dich überwältigt. Du beginnst, Dich zu fragen, ob Du Dich überschätzt hast, ob es das Richtig ist …

Jahrelang hast Du gehofft, dass Du ihm eines Tages begegnest – dem einen Menschen, mit dem Du Dich verbunden fühlst, mit dem Du durchs Leben gehen möchtest. Und nun steht er/sie vor Dir und  Du kannst es kaum fassen – es fühlt sich genauso an, wie Du es Dir immer vorgestellt hast! Es ist unbeschreiblich, es ist wundervoll — und plötzlich ist da diese Panik. Du kapierst es nicht…

Angst ist spannend, vielschichtig und wichtig. Ich bin der Meinung, wir machen sie uns noch immer viel zu wenig zu Nutze.
Sie ist eine der Emotionen, die wir am liebsten vermeiden wollen. Und wenn es uns dann trotz aller Kontrolle, Vorsorge und Abwägung nicht gelungen ist, stehen wir vor ihr wie Rehe im Scheinwerferlicht. Total gelähmt. Können es kaum aushalten (haben ja auch nicht so viel Übung darin). Wollen, dass sie wieder verschwindet. Schnell.
Aber sie wird weder schnell verschwinden noch fort bleiben.
Sie wird immer wieder kommen, so lange, bis wir lernen, mit ihr in Dialog zu gehen. Denn wie alle Emotionen ist auch die Angst ein wichtiger Anzeiger mit verschiedenen Funktionen. Ihre Hauptaufgabe ist wohl, uns zu schützen, davor zu bewahren, etwas zu tun, was uns schaden könnte. Auf sie zu hören kann manchmal lebensrettend sein.
Im Prinzip sind Ihre Begrüßungsworte meist:
„Das hatten wir schon, lass die Finger davon, das hat letztes Mal weh getan.“ oder: „Achtung! Wir betreten unbekanntes Gebiet. Keine Erfahrungswerte. Das ist neu, ich kann Dir nicht helfen! Risiko!!“

Ich möchte Dich dazu einladen, über ihre Begrüßung hinaus zuzuhören. Sie willkommen zu heißen, ihr Fragen zu stellen. Sie hat so viel zu sagen!
Lass sie rein – wenn Du sie ignorierst, wird ihre Empörung sie lauter werden lassen. Lade sie ein, halte sie aus, hör ihr zu – aber übergib ihr nicht das Steuer. Und halte es für möglich, dass sie hier und da vielleicht ein bisschen übertreibt in ihren Schilderungen. Sie ist eine kleine Dramaqueen, die Dich nur schützen will.

Und dann freue Dich – denn wenn sie da ist bedeutet es auch: Du stehst an einer Schwelle!
Ende der Komfortzone.
Es gibt eine Möglichkeit, Dich weiter zu entwickeln. Mit alten Vorurteilen aufzuräumen oder Deinem Fundus neue Erfahrungswerte hinzuzufügen – wenn es Dir gelingt, Klarheit zu erlangen, warum sie da ist und wo die „Verkrampfung“ herkommt.

Zum Abschluss vielleicht noch ein Bild:

Ich fahre Motorrad. Das Coolste am Motorradfahren sind die Kurven. Und wenn Du die Strecke nicht kennst, ist jede Kurve ein neues Erlebnis – aber natürlich auch ein gewisses Risiko.
Wenn Du Glück hast, gibt es vor der Kurve Schilder oder Kurvenmarkierungen, die Hinweise auf die Kurvenführung geben. Aber eben nur Hinweise. Die Schilder sind immer die selben – und können der Unterschiedlichkeit der Kurven nicht gerecht werden!
Ich habe schon wegen Schildern vor Kurven gebremst – um dann in der Kurve zu denken „Warum stand da dieses Schild?“. Während ich in andere reingefahren bin, den kalten Schweiß auf der Stirn und denkend: „Da wäre das Schild jetzt mal angemessen gewesen!“

Deine Angst ist wie so ein Verkehrsschild: Ein Hinweis, der nichts über die bevorstehende Situation aussagen kann – sondern nur über Deine Vergangenheit.
Nimm es war – aber bleib nicht davor stehen. Nimm es ernst, atme durch, bleib locker, fahr weiter und wende Deinen Blick der Straße zu, der Realität, wie sie sich Dir zu Füßen legt – und sei offen, zu einer anderen Einschätzung zu kommen als Dein Warnschild.
Nur so wirst Du in Zukunft die Vielfalt der Kurven – und Erfahrungen im Leben – genießen können.

Gute Fahrt!

Deine Birgit  

Wer hat nur dieses Erwachsenwerden erfunden?

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Ist schon irgendwie komisch.
Wenn ich  Trainings oder Seminare konzipiere, bei dem es darum geht, kreativ zu sein, ist die größte Aufgabe erst einmal, unser Gehirn in einen „verrückten“ Zustand zu bringen  — damit unkonventionelle Gedanken und Ideen überhaupt Lust haben, sich zu zeigen.
Und regelmäßig entdecke ich dabei, wie sehr wir doch unseren Freigeist in ein Korsett aus Vernunft und Konventionen gepackt haben. Manchmal finden wir nicht einmal mehr den Knopf, um es zu öffnen!

Wer Kinder hat, weiß um den Zauber, die Welt durch Kinderaugen zu sehen. Naiv, neugierig, verspielt, verrückt – fasziniert von Dingen, die wir später nicht mehr annähernd so wahrnehmen können, weil wir sie analysiert, seziert und erklärt haben. Faszination Ende.
Weil wir gesagt bekommen, wie die Welt funktioniert und was „man macht und was nicht.“
Wenn es uns dann nicht gelingt, ab und zu aus diesem Rahmen auszubrechen, werden wir immer wieder mit den selben Lösungen vor den selben Problemen stehen — egal wie sehr wir uns auch anstrengen.
Denn Anstrengung oder „mehr vom selben“ ist oft nicht die Lösung.
Besonders in verrückten Zeiten wie diesen werden wir mit Schablonendenken nicht weiterkommen.
Wir wäre es, wenn wir uns ein bisschen kindliche Verrücktheit bewahren?
Sie kultivieren?
Sie genießen?
Das lässt einen nämlich nicht nur auf neue Ideen kommen sondern macht obendrein auch noch glücklich und lebendig.

Wann hast Du das letzte Mal das Gefühl gehabt, das Leben zu spüren? Von ihm durchdrungen zu werden – mit allem Konsequenzen?
Wann hast Du Dich das letzte Mal so richtig locker gemacht?
Etwas getan, worauf Du Lust hast – egal, ob „man“ das macht oder es vernünftig ist?
Deinen Gefühlen freien Lauf gelassen (bist Du noch in Kontakt mit ihnen?) – losgelassen.

Dabei geht es nicht darum, rücksichtslos Dein Ding durchzuziehen, dauerhaft verrückt zu spielen oder Dinge aus Prinzip anders machen zu wollen (auch eine Schablone …).
Es geht um eine Prise Übermut und Ausgelassenheit in der Suppe des Lebens.

Ja, iss doch mal mit den Fingern.
Oder mach die Gartenarbeit mal ohne Handschuhe, spüre die Erde, rieche sie.
Lass einen lauten Freudenschrei los, springe, tanze, singe! (Natürlich in der Öffentlichkeit :-))
Tue fremden Menschen einfach spontan etwas Gutes – hinterlasse z.B. beim Bäcker zwei Euro mehr – für den nächsten Kunden.
Oder pack Dir Musik auf die Ohren und singe laut mit.
Ziehe zwei verschiedene Paar Schuhe oder Socken an – einfach, weil Du Dich nicht entscheiden konntest – oder geh barfuß.
Besetze die Schaukeln auf dem Kinderspielplatz, lass den Schirm bei Regen zuhause ….

Oder wie sieht Deine Ausgelassenheit aus?
Da fällt Dir doch bestimmt was ein!
Höre in Dich rein.
Sei spontan.
Und dann staune, was mit Dir passiert.

Ja, Du wirst ziemlich sicher komisch angeschaut – na und?
Wenn Du mit vollem Herzen dabei bist, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Du andere ebenfalls zum Leben anstiftest 🙂

Und falls Du merkst, dass Dir der Kontakt zu Deinen Emotionen vor lauter Kontrolliertheit, Vernunft und sozialer Angepaßtheit verloren gegangen ist, versuche es mal hiermit:
Halte mehrmals am Tag kurz inne und spüre in Dich hinein. Versuche, zu beschreiben, wie es Dir geht, was Du fühlst. Sprich es aus.
Und falls es ein unangenehmes Gefühl ist, nimm es an und dann benenne, was Du gerne anstelle dessen fühlen würdest.
Das ist ein Anfang.

Warte nicht damit, das Leben zu spüren, zu geniessen zu leben. Nachgewiesenermaßen sagen die meisten Menschen auf dem Sterbebett, dass sie nicht bereuen, was sie gemacht haben – sondern, was sie nicht gemacht haben.

Wäre doch schade, wenn wir schon aufhören zu leben, bevor wir tot sind, oder?

Eine verrückte Woche Dir – genieße Sie !

Deine Birgit

Wieviel brauchst Du wirklich?

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Wir können uns glücklich schätzen.
Wir haben so ziemlich alles so ziemlich sofort zur Verfügung.
Nicht nur Dinge, die lebensnotwendig sind, wie Wasser und Nahrungsmittel. Auch alles andere. Und wenn es der Laden um die Ecke nicht hat, bestelle ich es halt im Internet.
Und meistens gibt’s dann nicht nur eine Variante.
Neulich stand ich vor dem Kühlregal einer größeren Supermarkt-Kette und wollte eigentlich nur einen Liter Vollmilch kaufen – und hatte die Auswahl zwischen sage und schreibe 8 verschiedenen Sorten.
Wer da nicht schon von vornherein weiß, was er will, verbringt länger mit dem Kauf von einem Liter Milch als es gedauert hat, sie zu melken 😉

Ist mehr also immer gut?

Mehr Auswahl haben, bedeutet, mehr Entscheidungen zu treffen.
Um gute Entscheidungen zu treffen, brauche ich mehr Informationen.
Um mehr Informationen zu bekommen, brauche ich mehr Zeit.
(Ich kann natürlich auch einfach ins Blaue greifen oder der Konsumberatung folgen- die freut sich ;-))

Mehr Dinge haben hat oft ähnliche Folgen.

Mehr haben heißt sich um mehr kümmern zu müssen.
Mehr putzen, mehr Instand halten, mehr versorgen.
Mehr Zeit investieren.
Einen schönen Garten zu haben ist wunderbar. Es heißt aber auch regelmäßige Gartenarbeit. Oder noch mehr zu brauchen – nämlich einen Gärtner.
Dann muss ich mich nicht mehr um den Garten kümmern, aber darum, dass ich den Gärtner bezahlen kann – und vielleicht habe ich dann weniger Zeit, im Garten zu sitzen?
Je mehr ich mir leisten möchte oder mir leiste, umso mehr muss ich leisten.

Bedeutet viel haben zu können dann tatsächlich mehr Freiheit?

Ich bin kürzlich umgezogen.
Bei so einem Umzug wandert in der Regel alles, was man hat, nochmal durch die eigenen Hände.
Ich dachte, ich hätte nicht viel „Zeugs“ – war aber dann doch erstaunt, wie oft ich mir die Fragen „brauche ich das noch?“ und „soll das mit umziehen?“ gestellt habe. Und stolz auf mich, wie oft ich sie Nein beantwortet habe.
Ja, der Moment des Loslassens ist seltsam – aber danach fühlte ich mich so viel freier und leichter.
Ebenso mit den Möbeln in meiner neuen Wohnung. Es ist noch nicht alles eingerichtet und ich stelle mir nun die Frage: wieviel Möbelstücke brauche ich eigentlich wirklich?
Was, wenn ich einfach mal mehr Raum lasse?

Raum ist in meinen Augen heutzutage genauso Luxus geworden, wie Zeit.
Also, lass uns dafür sorgen, dass wir unserem Leben mehr Raum und Zeit geben.
Einfachheit im Außen macht auch den Kopf frei.
Es ist noch kein Meisterwerk auf einer bereist vollgekritzelten Leinwand entstanden.

Wo in Deiner Wohnung (oder Deinem Leben) könntest Du ausmisten oder Dich von etwas trennen, um Dich leichter zu fühlen? Um Raum zu schaffen?

Gibt es da dieses Regal im Keller …?
Oder noch Bücher aus dem Studium …?
Oder den „brauche-ich-vielleicht-nochmal-Schrank“?

Man kann sich übrigens auch von Gewohnheiten, Gedanken oder Menschen verabschieden, die einem nicht gut tun.

Weniger ist mehr.
Geh’s an.
Und wenn Du die passende Musik dazu brauchst: Hier der Song zum Blog Eintrag:

Silbermond «Leichtes Gepäck» – SRF 3 Live Session

Und dann genieße die Leichtigkeit mit den verbleibenden 1% – und den Freiraum, den Du für Neues geschaffen hast.

Denn wie sagte eine liebe Freundin neulich zu mir:
„Wo kein Platz zum Wachsen ist, da kann nichts gedeihen.“

Einen leichten Sonntag Dir.

Deine Birgit

Wollen müssen

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Wir alle haben in den letzten Monaten ganz schön viel wollen gemusst.  Klingt wie ein Widerspruch?

Im Ernst, ist es nicht erstaunlich, was plötzlich alles möglich ist, was wir zu bewegen in der Lage sind, wenn wir scheinbar wollen müssen?
Wenn wir uns plötzlich in Situationen wiederfinden, die all das, was uns gebremst hat von bedeutungsschwer in irrelevant umwandeln?
Wenn wir statt „eigentlich-aber“ Sätzen „jetzt aber!“ sagen und aus „wenn-dann“ „wann?“ wird?

Was ich meine?

  • Monatelang haben manche Firmen versucht, Homeoffice oder Telearbeit einzuführen. Und dann kam Covid19 – und zack, ging es in vier Wochen.
  • Jedes Jahr auf’s neue nimmst Du Dir vor, Dich gesünder zu ernähren – mit mäßigem Erfolg. Und dann bespricht Dein Arzt mit Dir das Ergebins Deiner letzten Untersuchung und die gesundheitlichen Folgen, wenn Du nix änderst – und zack … mehr gesundes auf dem Speiseplan.
  • Monatelang nimmst Du Dir vor, die Familie regelmäßiger zu besuchen – aber wann nur?? Und dann gibt es da diesen Todesfall – und zack, plötzlich ist Zeit da.

Warum in Zukunft nicht einfach machen, so mit richtig Wollen, bevor aus dem „eigentlich wollte ich“ ein „hätte ich mal“ wird? Das schafft Klarheit und spart Energie und Lebenszeit. (Hätte-Hätte zieht uns nämlich ganz schön runter).

Aber was bremst uns eigentlich, warum ist es so schwer bevor es leicht sein muss?

  • Wir wollen nicht wirklich. Es ist uns in Wahrheit nicht wichtig genug – oft weil uns etwas anderes  noch wichtiger ist. Manchmal ist uns das nicht gleich bewusst, vielleicht wollen wir es auch nicht zugeben oder wahrhaben …. dass wir z.B. Geselligkeit und Treffen mit Freunden wertvoller finden als die morgendliche Joggingrunde. Also? Steh dazu und mach aus dem „eigentlich sollte ich Laufen gehen“ ein „jetzt sind meine Freunde wichtig.“
  • Wir meinen, zu müssen. Und zwar nicht aus uns selbst heraus, sondern weil wir vermuten, dass es von uns erwartet wird. Da gibt es diese „Norm“, dieses NORMal, so einen gesellschaftlichen Standard. Wenn Du Dich innerlich Sätze sagen hörst wie „das macht man halt so/nicht“ dann frag Dich mal, wer ist eigentlich diese/r MAN? Und was machst DU? Es ist Deine Entscheidung – willst Du ein NORMales Leben leben und Dich am Ende vielleicht in einer Situation wiederfinden, in die Du so nie wolltest oder willst Du DEIN Leben leben? (Das ist übrigens das mit möglichst wenig „hätte ich mal“ Sätzen am Ende.)
  • Wir haben Bedenken. Offene oder versteckte. Versteckte Bedenken kommen manchmal als Vorurteile daher – um im Sport-Beispiel zu bleiben könntest Du unterbewusst vielleicht der Überzeugung sein, dass die ganzen Sportfreaks doch alle total angespannt sind = „Wenn ich Sport mache, werde ich so ein angespannter Zeitgenosse.“ Falls Dir das bewusst wird, ist das schon ein guter Schritt in die richtige Richtung. Dann, Bedenken parken und einfach mal machen. Mit offenem Ausgang. Mutig sein (ohne Leichtsinn) – vielleicht wirst Du ja der/die erste total lockere sportliche/r Zeitgenosse/in? 😉
  • Wir wollen es richtig machen – oder gar nicht. Auch Perfektionismus genannt. Wir meinen, uns in alle Richtungen absichern zu müssen, alles in Betracht ziehen, auf alles vorbereitet zu sein. Dazu fallen mir nur zwei Sprüche ein: 1. Kontrolle ist eine Illusion und 2. Start before your are ready. Je leichter Dein Gepäck ist, wenn Du loslegst, desto mehr Platz ist, um auf dem Weg wertvolle Erfahrungen und Erkenntnisse einzupacken!

Also, welche „eigentlich-aber-Sätze“ gibt es auf Deiner Liste? Aus welchem möchtest Du in nächster Zeit ein „aber jetzt!“ machen?

Deine Birgit

PS: Falls Du eine Löffelliste hast (= eine Liste der Dinge, die Du unbedingt gemacht haben möchtest, bevor Du den Löffel abgibst) — die ist ein guter Start!

Mut zur Frage

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Wenn wir Menschen eines nicht so gut aushalten können, dann ist es Ungewissheit.
Von Natur aus versucht unser inneres System immer wieder zur Stabilität zurückzukehren, „Unwuchten“ auszubalancieren. D.h. offene Angelegenheiten zum Abschluss bringen, in unklare Angelegenheiten Klarheit bringen und von Ungewissheit zu Gewissheit – oder zumindest zu Wissen zu gelangen. Das schafft Sicherheit, ist wie ein Anker, an dem wir uns festhalten können und an dem wir unsere Entscheidungen aufhängen.

Nur ist das nicht immer so einfach. „Ich weiß, dass ich nicht weiß“, tönte es bereits in der Antike. Und nicht einmal die Wissenschaft hat Gewissheit und alle Antworten – wie wir aktuell am Thema Corona täglich mitverfolgen können.
Und das ist auch gut und richtig so. Wissenschaft hat nämlich nichts mit „alles schon wissen“ zu tun, sondern mit forschen. Es geht nicht darum, auf alles bereits eine Antwort zu haben sondern auf Basis von Fakten Annahmen anzustellen und diese dann durch das Stellen der richtigen Fragen zu überprüfen.
Und sie wieder zu verwerfen, wenn sie falsch waren.
Und sich das einzugestehen.
Und mit der dann noch immer oder wieder vorhandenen Ungewissheit leben zu können. Sie anzunehmen und wieder von vorne zu beginnen.
Also ein hochdynamischer Prozess.
Soviel zur Wissenschaft.

Nun zurück ins wahre Leben – wo es uns leider nicht immer so gut gelingt, den eben beschriebenen Lern-Kreislauf am Laufen zu halten.
Schnell soll es gehen mit der Lösung und der Bedürfnisbefriedigung. Also greifen wir gerne zu den üblichen „Quick Fixes“:
Wir gelangen zu unserer Erkenntnis, indem wir …

  • uns die Erklärungen selber stricken und ausdenken (Lücken in den Fakten selber füllen)
  • auf Erklärungen von anderen zurückgreifen (Presse, Social Media, Freunde)
  • unsere Schlussfolgerungen einzig und allein auf Basis unserer eigenen Erfahrungen ziehen.

Wie erklären uns die Realität – oder das, was wir für die Realität halten – stets so, dass sie in unser mentales Narrativ passt.

„Die Realität ist eine Illusion – wenn auch eine sehr hartnäckige. „
Albert Einstein

(Wenn Du Fabeln und Analogien liebst, schau an dieser Stelle doch mal nach der Geschichte von den Fünf Gelehrten und dem Elefanten; wenn Du eher der wissenschaftliche Typ bist, hier ein Buchtipp: Schnelles Denken, Langsames Denken)

Im Kleinen sind diese Quick Fixes nicht schlimm, manchmal ist schnelles Denken sogar notwendig – laut Hirnforschung müssen wir schließlich ca. 20.000 Entscheidungen am Tag treffen.
Dauerhaft angewandt können sie aber zu Überzeugungen und Gewissheiten führen, die uns im Weg stehen. Die verhindern, dass wir weiterkommen. Weil wir sie nicht hinterfragen. Weil wir uns immer nur in unserer Realität bewegen und so bei der Problemlösung immer wieder an der selben Stelle rauskommen.

Je tiefer er Anker unserer Überzeugung im Sand steckt, desto schwerer lässt sich der Kurs unseres Bootes ändern, wenn der Wind sich dreht.

Also, wie steht es um Deinen Forscherdrang?
Was glaubst Du zu wissen, wovon bist Du überzeugt – und wie bist Du zu dieser Gewissheit und diesen Überzeugungen gelangt?
Durch (Vor-)annahmen? – „Ich dachte, dass …“ / „Damit soll bestimmt …“ / „Wahrscheinlich wollen die …“
Durch Schlussfolgerungen? – „Wenn sich einer so verhält, dann ..“ / „Das kenn ich schon, …“
Basieren Deine Erkenntnisse auf unüberprüften Vermutungen oder auf validierten Annahmen?
Fragst Du nach?
Auch wenn es zu unangenehmen Antworten führen könnte?
Wen fragst Du? Betroffene oder Dritte?
Was fragst Du? Was Du bestätigt haben willst oder was Du wissen willst?
Wie fragst Du? Suggestiv-rhetorisch oder offen?
Wie gehst Du mit überraschenden Antworten um?
Bist Du dankbar für Erkenntnis und Offenheit oder ungläubig?
Und selbst wenn Fragen nicht möglich sind oder nicht zur Gewissheit führen, hältst Du es aus?
Oder greifst Du dann doch zum Quick Fix?
Traue Dich, zu fragen und zu hinterfragen.
Was Du hörst, was man Dir erzählt, was Du wahrnimmst – aber vor allem, was Du schlussfolgerst.
Wage es, Deine eigenen Annahmen in Frage zu stellen.
Wann immer möglich, frage direkt nach. Geht besonders gut bei Annahmen über Personen und ihre Verhaltensweisen.
Sprich mit Menschen, nicht über sie.
Und wenn es nicht möglich ist, Deine Annahmen zu überprüfen, bleib bescheiden. Wisse, dass Du wahrscheinlich nicht weißt.
Halte diese Grauzone aus.
Binäres Beurteilen fühlt sich zwar leichter an, bringt Dich aber nicht weiter.

„Solange man Helden oder Schuldige braucht, um eine Situation oder ein Problem plausibel zu erklären, hat man sie noch nicht verstanden.“
Gerhard Wohland

Wo könntest Du kommende Woche mal von Erklärmodus und Fragemodus schalten?
Welchen blockierenden Annahmen könntest Du  mal mutig durch Fragen und Forscherdrang auf den Grund gehen und vielleicht sogar sprengen?

Hab Mut zur Frage und lass Dich überraschen!

Deine Birgit

Karriere geht nicht alleine

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Vielleicht wunderst Du Dich, warum ich mich diese Woche dem Thema Karriere  widme. Ganz einfach: Unsere Arbeit ist maßgeblich an unserem Wohlbefinden beteiligt. Wenn alles gut läuft, ermöglicht Sie uns Erfolgserlebnisse und das Gefühl der Selbstwirksamkeit. Sie fordert und fördert uns, passt zu unseren Talenten und Werten und vermittelt uns einen Sinn.
All das trägt zu unserer Zufriedenheit, Ausgeglichenheit und Motivation bei.
Was fehlt, wenn die Arbeit fehlt, wird zur Zeit manchem wahrscheinlich schmerzlich bewusst. Und die wirtschaftlichen Zukunftsprognosen, die aktuell zu lesen und zu hören sind, stimmen wenig zuversichtlich.
Was hat also das Thema Karriere zu suchen in einer Zeit, in der die Arbeitslosenquoten Schlagzeilen machen?
Eine Menge!

Niemand weiß, wie die Zukunft wirklich aussehen wird. Klar ist aber: je bewusster Du Dir bist, wer genau Du bist, was Dich auszeichnet, was Du beitragen kannst, was Du erreichen willst – und wie Du dem näher kommst, umso schneller und besser findest Du (D)einen Platz in der neuen Realität.

„Wenn wir uns nur damit beschäftigen, welche Fähigkeiten heute wichtig sind, werden wir morgen mit den Kompetenzen von gestern ausgestattet sein.“

Es ist also die beste Zeit für eine Art Bestandsaufnahme in Punkto Job.
Dazu gehört u.a., Antworten auf verschiedene Fragen zu finden, wie z.B. „Welche Rolle spielt die Arbeit in meinem Leben?“, „Was kann ich besonders gut?“, „Worauf möchte ich gerne verzichten?“, „Was ist mir wichtig?“, „Was bereitet mir Freude?“, „Worauf möchte ich am Ende zurückblicken können“ oder „In welchem Arbeitsumfeld fühle ich mich wohl?“

Perfekt lässt sich die Zeit auch dafür nutzen, Dein berufliches Netzwerk mal unter die Lupe zu nehmen und gegebenenfalls zu erweitern. Keiner ist alleine erfolgreich – und je vielfältiger Dein Netzwerk ist, desto wertvoller für Deine berufliche Entwicklung.

Schau doch mal, ob unter Deinen Kontakten Personen zu finden sind, die sich einer oder mehreren der unten genannten Kategorien zuordnen lassen.
Am besten nimmst Du Dir ein Blatt Papier und notierst Dir unter jedem Personenkreis Namen, die Du zuordnen würdest. So hast Du recht schnell ein klares Bild, an welcher Stelle Dein Netzwerk noch ergänzt werden sollte.

Schaubild: Birgit Baldauf

Voraussetzung, bevor Du mit den Personen in Kontakt trittst ist, dass Du bereits Klarheit über Dich und Deine Ziele erlangt hast. Um die verschiedenen Karriereförderer besser erklären zu können, gehen wir mal davon aus, Du möchtest als Koch/Köchin erfolgreich sein.

Coaches: Sind keine Experten auf Deinem angestrebten Gebiet – aber Profis darin, Dir zur richtigen Zeit die richtigen Fragen zu stellen. Oft kannst Du ihre Unterstützung „punktuell“ in Anspruch nehmen – wenn Du Dich z.B. gedanklich im Kreis drehst oder an Dir zweifelst. Ein guter Coach verfügt über ausreichend Methodenvielfalt und hilft Dir, selbst die Antwort auf Deine Fragen oder den nächsten Schritt herauszufinden. Er regt Deine Selbstreflexion an und hilft Dir so, Dir selbst zu helfen. Eine Verbindung zu einem Coach ist in der Regel lösungs- und leistungsorientiert.

Mentoren: Sind in der Regel erfahrener als Du auf dem Gebiet für das Du Dich interessierst. Vor allem aber sind sie Experten in wichtigen, übertragbaren Kompetenzen (Soft Skills). Sie haben die Fähigkeit, Dich zu leiten, zu beraten, zu ermutigen und verantwortlich zu halten. Sie kennen Dich gut und und verstehen Dich, Deine Beweggründe und eventuelle Stolperfallen auf Deinem Weg. Eine Verbindung zu einem Mentor ist beziehungsorientiert und dauert oft ein Leben lang an.

Sponsoren: Vielleicht denkst Du jetzt an Werbeverträge? Und so falsch liegst Du damit gar nicht. Sponsoren sind Ermöglicher. Sie teilen ihr Wissen, stellen Verbindungen her, bringen Dich ins Gespräch (machen für Dich Werbung bei den „richtigen“ Leuten) und bieten Dir Möglichkeiten. Der Sponsor ist nicht der Starkoch sondern die Person, der das Restaurant oder das Hotel gehört, in dem der Starkoch sich austoben kann.

Experten: Die Fachmänner und Fachfrauen der Theorie. Sie sind wandelnde Lexika auf ihrem Gebiet, lieben Ihr Ressort und fordern Dich heraus, durch kontinuierliches Lernen Deine Fachkenntnisse auf dem Laufenden zu halten. Sie sind Deine Lehrerinnen und Lehrer.

Profis: Sie sind Dein leuchtendes Vorbild – dort wo sie sind, willst Du auch hin! Es ist der Starkoch oder eine Sterneköchin, die Meister darin sind, ihrer Kompetenz im Handeln eine eigene Note zu verleihen. Was Du lernen kannst: wie man das Wissen der Experten erfolgreich anwendet – und seine eigene Marke entwickelt. Experten sind erfahren und kennen und studieren kontinuierlich ihre Mitbewerber und den Markt – und lernen daraus.

Kollegen: Aktuelle oder zukünftige. Sind da, wo Du jetzt bist oder wo Du als nächstes wärst. Sie können Dir entweder wertvolles Feedback zu Deinen Stärken und Entwicklungsfeldern sowie Deinem beruflichen Ich und Deiner Wirkung auf andere geben. Oder sie sind die, die Du fragen kannst, wie Deine zukünftige Arbeit sich anfühlt und erlebt wird – z.B. in verschiedenen Küchen (Sternegastronomie, Kantine, Hotel, Krankenhaus …).

Gute Freunde: Kennen Dich persönlich und teilen Deine Werte. Wissen um Deine tieferen Beweggründe und Hemmnisse – und trauen sich auch, Tacheles zu reden und Dir ungeschöntes Feedback zu geben.

Und, wir schaut Deine Liste aus?
Mit wem möchtest Du in der kommenden Woche Kontakt aufnehmen?

Viel Erfolg beim Netzwerken!

Deine Birgit

Na, keinen Plan?

„Everybody has a plan until they get punched in the mouth.“
„Jeder hat einen Plan, bis er eins auf die Fresse bekommt.“
(Mike Tyson)

Die klaren Worte von Mike Tyson leiteten diese Woche einen wunderbaren Blog-Artikel von Förster & Kreuz ein. Er beschreibt, warum das mit dem klassischen Pläne schmieden in der heutigen Zeit nicht mehr funktioniert und was wir anstelle dessen tun können, um voran zu kommen und nicht in eine Art Schockstarre zu verfallen (hier geht’s zum Artikel).

Mich hat das Zitat zu einem anderen Gedanken inspiriert:
Ich glaube, wir stecken unsere Energie viel zu oft in die falschen Maßnahmen – das ausführliche Pläne Schmieden und alles tausendmal durchdenken und planen gehört meines Erachtens dazu. Versteht mich nicht falsch, ich meine nicht, dass wir uns gar keine Gedanken machen sollten. Aber wenn doch die Unvorhersehbarkeit der Dinge immer größer wird, die zu einer Situation beitragenden Aspekte immer zahlreicher, komplexer und unübersichtlicher und die Halbwertszeit von Erkenntnissen immer kürzer, sprich, wenn das Leben sich nach chaotischen Prinzipien stets wandelt, wie soll dann so etwas wie ein statischer Plan funktionieren?

Trotzdem haben wir das Gefühl, wir brauchen einen Plan – aber nicht für die Situation, sondern mehr so für uns. Dieses Durchdenken und in Betracht ziehen gibt uns ein Gefühl von Kontrolle und Sicherheit – in einem eigentlich unkontrollierbaren Umfeld. Vielleicht gehörst Du ja auch zu den Menschen, die Ihre planerischen Aktionen immer dann intensivieren, wenn sie meinen, dass ihnen eine Situation entgleitet oder sich aufgrund noch die dagewesener Umstände das Gefühl von Hilflosigkeit einschleicht?

Was aber kann uns dann in diesem Chaos ein ein Gefühl von Sicherheit geben?
Was sollten wir tun, anstatt zu vermessen, abzuwägen, einzuschätzen, zu beurteilen?

Statt uns damit zu beschäftigten, alle möglichen Wellen zu vermessen, denen wir eventuell ausgesetzt sein könnten, lasst uns lieber die Kompetenz trainieren, diese Wellen zu reiten.

Ich bin zwar kein Surfer, aber das Bild kommt mir sofort in den Sinn, wenn ich mir die oben beschriebenen Umstände vor Augen führe. Was nützt es dem Surfer, wenn er alles über Wellen weiß, ihren Ursprung, ihren Verlauf, ihr Vorkommen, Dauer, Größe, Volumen, Geschwindigkeit – wenn er auf seinem Brett steht und sich eine Welle aufbaut, die so bisher noch nie dagewesen ist und ihm schlicht und ergreifend die Lockerheit in den Knien und die Übung, sie zu stehen, fehlt?

Also, lasst uns unsere Energie doch lieber in den Aufbau unserer Fähigkeiten stecken, mit was auch immer auf uns zukommt souverän, lösungsorientiert und leicht (nicht leichtfertig!) umzugehen.

Nie dagewesene Wellen gab es in der letzten Zeit ausreichend – und wahrscheinlich wird die See unserer Realität auch in Zukunft ganz schön rau bleiben.

Was brauchen wir, um das zu stehen?

  1. Selbstverantwortung
  2. Offenheit für Veränderungen
  3. Pioniergeist und Neugier
  4. Fokus – im Hier und Jetzt!
  5. Kollaborationsbereitschaft
  6. Lern- und Entwicklungsbereitschaft
  7. Positive Haltung gegenüber Fehlern

Wo begegnen Dir im Alltag Situationen, in denen Du das üben kannst?

  1. Immer, wenn Du Dich bei Gedanken oder Worten wie „wenn, dann …“, „der/die sollte …“, „ich kann nichts dafür, das ist …“ erwischst, ist es Zeit, Dir ein innerliches Stopp zu setzen und Dich zu fragen: „was war/ist DEIN Beitrag an der Situation? Was kannst DU tun, um sie anzunehmen/zu ändern/zu bewältigen/zu verlassen? (Unabhängig vom Verhalten oder der Meinung anderer Personen).
  2. Wann hat sich in Deinem Leben zum letzten Mal etwas verändert? Ohne Dein Zutun? Vielleicht sogar gegen Deinen Willen? Auf eine Art, die Dir nicht gefiel? Wie hast Du darauf reagiert? Wie viel Kraft hast Du in die Gegenwehr nicht veränderbarer Umstände gesetzt? Wenn die Welle zu groß, zu schnell, zu wild ist, hilft es nix, darüber zu schimpfen. Veränderungen anzunehmen lässt sich besonders gut trainieren, wenn Du in Deinem Alltag absichtlich immer mal wieder aus Deiner Komfortzone gehst – kontrolliert sozusagen. Menschen ansprechen, wenn Du schüchtern bist, etwas anziehen, dass Du sonst nie tragen würdest, ohne Zimmerreservervierung in den Urlaub fahren etc.
  3. Auf der geplanten Route ist Stau? Die für das Abendessen geplanten Zutaten sind im Supermarkt nicht mehr erhältlich? Der Besuch kommt eine halbe Stunde zu früh? Wie geht es Dir damit? Versuchst doch mal mit „wow, vielleicht entdecke ich neue Wege, wie ich den Stau umfahren kann – dort wo kein anderer ist“. – „Was wohl passiert, wenn die Zutat x mit Zutat y ersetze? Das wird dann mein Geheimrezept!“ oder „Hej, schön dass Ihr da seid! Wollt Ihr mir bei den Vorbereitungen helfen?“
  4. Erwischt Du Dich bei dem Gedanken: „Hätte ich mal …“ – lass stecken. Der bringt nix, um die Situation, in der Du jetzt steckst, zu lösen. Schlimmer noch er zieht wichtige Energien aus dem Hier und Jetzt ab und steckt sie in die Vergangenheit – die Du eh nicht mehr ändern kannst. Stecke alle Deine Aufmerksamkeit in die einzige „Zeit“, in der Du was ändern kannst – die Gegenwart. Was genau nimmst Du JETZT wahr? Was kannst Du JETZT tun?
  5. Wann hast Du das letzte Mal jemanden um Hilfe gebeten? Oder um eine Einschätzung? Dir Ideen geholt und Anregungen? Was hindert Dich ggf. daran? Vielleicht die Tatsache, dass Du die Situation, die Du meistern musst, ganz anders einschätzt als andere? Das ist gut so! Je mehr Perspektiven, desto mehr Lösungsmöglichkeiten! Keine ist falsch oder richtig – und viele sind einen Versuch wert! Denn wer tut, was er immer getan hat wird bekommen, was er immer bekam.
  6. Frage Dich jeden Abend, was Du über den Tag hinweg gelernt hast. Dabei ist Lernen im weiteren Sinne zu verstehen. Es kann auch daher kommen als Erkenntnis – über Dich, andere, das Leben, einen Sachverhalt … oder Entdeckung – von etwas Neuem – in Deinem Umfeld, Alltag, an Dir… Vielleicht hast Du aber auch etwas Interessantes erfahren? Egal – wichtig ist, dass Du nie davon ausgehst, jetzt „fertig ausgelernt“ zu sein. Denn was Du heute gelernt hast, ist übermorgen schon überholt.
  7. Wie gehst Du mit Dir selber um, wenn Du einen Fehler machst, etwas vergisst oder etwas schief läuft? Und wie stehst Du zu der Fehlbarkeit Deiner Mitmenschen? Ohne Fehler kein Lernen. Fehler vermeiden zu wollen heißt, sich selbst zu lähmen und nicht mehr weiter zu entwickeln. Wo traust Du Dich nicht, den nächsten Schritt zu wagen aus Angst, etwas falsch zu machen oder zu scheitern?

Klingt jetzt alles vielleicht nach ganz schön viel.

Ich würde sagen, rauf auf’s Board und rein in die Wellen. Und dann – eine nach der anderen, locker in den Knien und – enjoy the ride!

Deine Birgit

Ein Rückblick mit Wow-Effekt

Foto: Pixabay

„Wenn ich jetzt so zurückblicke, dann frage ich mich schon, wie ich das damals alles geschafft habe!“ sagte neulich eine liebe Freundin, als wir uns über Veränderungen im Leben unterhielten.

Kennst Du das auch?
Manchmal stellt uns das Leben vor Aufgaben, die auf den ersten Blick so wirken, als wären sie zu groß für uns. Uns durchströmen Gedanken wie  „Wie soll ich das nur schaffen?“ oder „Und jetzt??“
Und dann, einige Zeit später, blicken wir zurück und denken – „Du meine Güte, wenn mir jemand gesagt hätte, dass ich das schaffe, hätte ich ihn für verrückt erklärt!“

Es ist erstaunlich, wozu wir in der Lage sind, wie wir unsere Kräfte zu mobilisieren wissen, wenn wir müssen, wenn wir scheinbar keine Wahl haben.
Plötzlich haben wir einen messerscharfen Fokus, eine Bestimmung. Wir bleiben dran, alles, was nur zweitrangig ist wird auch konsequent in die zweite Reihe geschickt. Unsere Entschlossenheit wächst, alle Energie wird gesammelt und ausgerichtet, um die bevorstehende Aufgabe zu meistern – egal, welcher Natur sie ist (und ich spreche hier von lebensverändernden Umständen, Situationen, die eine Zäsur für Deinen Alltag und Dein Leben bedeuten).

Warum ich das schreibe?

Weil ich finde, dass wir uns in Situationen, die uns zu groß oder ausweglos erscheinen, immer mal wieder daran erinnern sollten, was wir in der Vergangenheit schon alles gewuppt haben. Und durchaus den Gedanken zulassen können, dass immer mehr geht, als wir tatsächlich denken. Da ist noch diese Reserve, die unser ausgeklügeltes System aus Körper und Geist für Notfälle aufbewahrt – und sie auch nur in solchen „rausrückt“.

Wenn Du also an einem Punkt in Deinem Leben bist, der Dich zu überwältigen scheint …

  1. Nimm die Situation an. Sie ist wie sie ist – verliere nicht wertvolle Energie in Ärger darüber!
  2. Gestehe Dir ein, dass Du Dich überwältigt fühlst. Das ist in Ordnung. Sprich es aus: „Ich fühle mich gerade überfordert/überwältigt.“ Sobald Du Deinen Gefühlen Beachtung schenkst (nur wahrnehmen, nicht werten oder gar schon daraus etwas schlußfolgern) nimmst Du den ersten Druck raus.
  3. Blicke zurück und erinnere Dich, was Du in der Vergangenheit schon alles gemeistert hast – und schöpfe daraus Zuversicht.
  4. Dann blicke nach vorne: angenommen, Du hast alles mit Bravour geschafft – wie sieht Dein Wunschergebnis aus? Was siehst Du, fühlst Du, machst Du? Habe eine Vision vor Augen, die klar genug ist, um den Fokus zu setzen – aber nicht so detailliert, dass Du auf unterwegs die Flexibilität für andere oder bessere Wege zum Ziel verlierst. Das ist ein bisschen wie bei der Wohnungssuche – wenn Du weißt, was Du willst, wird Dein Blick geschärft für die richtigen Anzeigen – und alle anderen kannst Du getrost ignorieren.
  5. Gib Dir Zeit und gönne Deinem Verstand auch mal Pausen, damit er verarbeiten kann. Dann wird er die Eindrücke sortieren und Deine Intuition damit füttern. Das Unterbewusstsein arbeitet immer weiter – auch wenn Du schläfst.
  6. Sei fleißig und bleib dran – aber vertraue auch, dass sich Dir Wege oder Lösungen vielleicht auch zeigen werden, wenn Du nicht damit rechnest. Übe Dich in gelassen-zuversichtlicher Aufmerksamkeit.

Und zum Schluß noch ein Spruch der mir in schwierigen Situationen schon geholfen hat:

„Das Universum schickt Dir immer nur Aufgaben von denen es denkt, dass Du sie bewältigen kannst.“

Sei also stolz – das Universum traut Dir einiges zu – tu Du es auch! 😉

Da geht noch was!

Du schaffst das.

Deine Birgit

Vertrauen – Du zuerst!

Foto: Pixabay

„Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“ sagte einst der russische Politiker Lenin.
Aber was ist dran an dem Spruch?
Wie würde es Dir gehen, wenn Du immer alles kontrollieren müsstest – um zu vertrauen?
Ist es dann überhaupt noch Vertrauen?

Vertrauen hat mehrere Facetten:

Vertrauen in sich selbst, Vertrauen in den Lauf der Dinge und Vertrauen in andere Personen. Letzteres lässt sich noch einmal unterteilen in Vertrauen in Personen, die wir kennen oder mit denen wir in einer Beziehung stehen und dem Grundvertrauen in das „Gute im Menschen“ in Situationen mit Menschen, die wir nicht kennen.

Erwiesen ist, dass Vertauen ein wichtiger Faktor für die eigene Zufriedenheit und das Lebensglück ist.
Wer nicht in der Lage ist, zu vertrauen, kann nicht entspannen.
Wer nicht entspannen kann, kann nicht glücklich sein.

Natürlich wird der Umfang unseres Vertrauens auch von bisherigen Erfahrungen beeinflusst. Forscher haben herausgefunden, dass es 5 vertrauensvolle Erfahrungen braucht, um eine Mißtrauenserfahrung auszugleichen. Damit dies funktioniert, müssen wir uns aber trotz enttäuschtem Vertrauen erneut auf Situationen einlassen, die anderen die Möglichkeit geben, Ihre Vertrauenswürdigkeit unter Beweis zu stellen. Obwohl wir also schon einmal eingebrochen sind auf der Eisfläche, müssen wir uns wieder auf sie begeben, um zu erfahren, dass sie auch halten kann.
Grundsätzlich ist Vertrauen also eine innere Haltung, für die man sich entscheiden kann – trotz der Erfahrung des betrogen worden Seins.

Da wir allerdings von Natur aus darauf gepolt sind, eher zum Misstrauen zu neigen, ist die Gefahr sehr groß, dass wir nach uns einer schlechten Erfahrung in unserem Misstrauen bestätigt fühlen und uns fortan nicht mehr aufs Eis begeben – uns also selbst weiterer positiver Erfahrungen berauben.
Hier erneut eine vertrauensvolle Haltung zu generieren ist durchaus eine große Aufgabe.

Zuversichtlich stimmen mich aber folgende Erkenntnisse aus der Wissenschaft:

  • Es ist wesentlich wahrscheinlicher, dass man nicht über’s Ohr gehauen wird, wenn man anderen Menschen zuerst Vertrauen entgegenbringt. Wir Menschen handeln sehr kontextabhängig. In einem eher von Misstrauen geprägten Umfeld werden wir ebenfalls Skepsis zeigen. Wenn wir allerdings in Bezug auf das Verrauen in anderen in Vorlage gehen, schaffen wir ein vertrauensvolles Umfeld, was die Wahrscheinlichkeit steigert, dass unser Gegenüber das Vertrauen erwidert. Da mag unter anderem daran liegen, dass das Bindungshormon Oxytocin ausgeschüttet wird, wenn uns Vertrauen entgegengebracht wird. Vertrauen schafft Vertrauenswürdigkeit.
  • Die meisten Menschen sind misstrauischer, als sie es sein müssten.
  • Die meisten Menschen sind vertrauenswürdiger als wir sie einschätzen.

Folgende Experimente bestätigen dies:

Das „Wallet Drop Experiment“ des Toronto Star in Kanada:
Für das Experiment wurden in Toronto innerhalb von 14 Tagen 20 Brieftaschen mit $ 200 und der Adresse des Besitzers darin an verschiedenen Orten in der Stadt absichtlich liegengelassen. Bevor Du weiterliest – was schätzt Du, wieviele Brieftaschen dem Besitzer zurückgegeben wurden?
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Auf die selbe Frage antworteten die meisten Menschen mit durchschnittlich 2,3 – also einer 10% Rückgabequote. Tatsächlich wurden aber 16 der 20 Brieftaschen mit vollem Inhalt an den Besitzer zurückgegeben – was einer Rückgabequote von 80% entspricht.

Und hier noch das zweite, wissenschaftlichere Experiment, das aus einer Reihe von „Trust Game Studien“ stammt.
Stell Dir folgendes Szenario vor:
Du nimmst mit einer weiteren Person an einer Studie teil. Ihr seid in verschiedenen Räumen und lernt Euch nie persönlich kennen. Du und die andere Personen bekommen jeweils 10 EUR. Du musst Dich nun entscheiden, ob Du Dein Geld Deinem Spielpartner zukommen lassen willst. Wenn nicht, endet das Spiel und Ihr geht beide mit 10 EUR nach Hause. Wenn Du Deinem Partner das Geld zukommen lässt, legt der Spielleiter den vierfachen Betrag oben drauf und Dein Partner bekommt 50 EUR. Dieser hat nun wiederum die Chance, mit diesen 50 EUR zu gehen – oder sie mit Dir zu teilen.
Ersteres würde bedeuten, Du gehst absolut leer aus (Verlust 10 EUR), letzteres, dass Du mit 25 EUR statt 10 EUR nach Hause gehen kannst.
Wie würdest Du Dich entscheiden?
Würdest Du die 10 EUR nehmen oder das Risiko eingehen, und Deinem Partner das Geld zukommen lassen?
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Für wie wahrscheinlich hältst Du es, dass Dein Spielpartner mit den 50 EUR von dannen zieht, wenn Du ihm das Geld zukommen lässt?
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Die Studie hat gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit hierfür nur bei 5% liegt! Tatsächlich haben 95% der Teilnehmer die 50 EUR mit ihrem Spielpartner geteilt.

Menschen, denen wie Vertrauen entgegenbringen reagieren also ihrerseits mit vertrauenswürdigem Verhalten.

Wie kann es uns also gelingen, zukünftig häufiger pro-aktiv Vertrauen zu schenken, um positive Erfahrungen zu machen — und gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit zu minimieren, betrogen zu werden?

Die Lösung liegt darin, die Balance zu finden, den Sweet Spot, zwischen zu wenig Vertrauen (und damit einhergehend dem Verzicht auf positive Erfahrungen und wirkliche Bindung) und zu viel/blindem Vertrauen (was eine hohe Wahrscheinlichkeit mit sich bringt, negative Erfahrungen zu machen).

Diese Balance nennt man intelligentes Vertrauen.
Intelligentes Vertrauen bedeutet:

  1. Vom Herzen aus mit einer grundsätzlich vertrauensvollen Haltung an Menschen und Situationen heranzugehen,  dabei aber relevante Informationen und Fakten zu berücksichtigen und zu analysieren. D.h. das Herz mit dem Kopf auszubalancieren.
  2. Dich daran zu erinnern, dass Menschen in der Regel vertrauenswürdiger sind, als Du denkst!
  3. Aufs Eis gehen: bewusst Situationen wahrzunehmen und möglich zu machen, in denen Du pro-aktiv Vertrauen schenkst und Menschen die Chance gibst, vertrauenswürdig zu handeln. Du erschaffst so ein vertrauensvolles Umfeld, dass es wahrscheinlich macht, dass Du positive Erfahrungen machst – was wiederum Dein Vertrauen stärkt.
  4. Mach es Menschen leicht, Dir gegenüber vertrauenswürdig zu handeln – geh in Vorlage und sei sympathisch, empathisch, authentisch und gut.
  5. Entziehe Deiner natürlichen Tendenz zum Misstrauen das Futter, indem Du Dich weniger negativen Schlagzeilen aussetzt und stattdessen versuchst, ein Gleichgewicht in Deinen geistigen Input zu bekommen: Ziehe am Ende des Tages mal Bilanz, was alles positiv war und wo Menschen vertrauenswürdig gehandelt haben. Suche bewusst nach positiven Schlagzeilen (z.B. bei goodnews.eu)
  6. Führe Dir die Vorteile von pro-aktivem Vertrauen vor Augen: positive Erlebnisse, echte Verbundenheit und eine gute Investition in eine bessere Gesellschaft!
  7. Und wenn es doch schiefgegangen ist? Übe Dich im Verzeihen und im Perspektivenwechsel. Manchmal jammern wir auf hohem Niveau. Wahrscheinlich geht es Dir insgesamt trotz der schlechten Erfahrung materiell noch ziemlich gut im Vergleich zu anderen Menschen. Erinnere Dich an die vielen positiven vertrauensvollen Erlebnisse. Außerdem: ziehe die Person, die Dein Vertrauen missbraucht hat, zur Verantwortung, d.h. versuche, zu verstehen und daraus zu lernen und handle klar und konsequent – aber ohne „Rachegedanken“.

Vertrauen wird in Zukunft eine noch wichtigere Rolle spielen – nicht nur in Bezug auf zwischenmenschliche Begegnungen, sondern auch in Bezug auf allgemeine Entwicklungen.

Je komplexer eine Situation ist, desto mehr intelligentes Vertrauen ist nötig, um handlungsfähig und glücklich zu bleiben.

Und an Komplexität mangelt es uns nun wahrlich nicht.

Aber Du schaffst das, ich vertrau Dir! 🙂

Sei gut zu Dir,

Deine Birgit

Quellen:
Steven M.R. Covey, „Smart Trust: Creating Prosperity, Energy, and Joy in a Low-Trust World“
Dr. Raj Raghunathan, „If you are so smart why aren’t you happy?“